Weites Land - Backcountry Discovery Routes (BDR)

Weites Land - Backcountry Discovery Routes (BDR)

Der dünnbesiedelte Bundesstaat Wyoming am Übergang von der Prärie in die Rocky Mountains ist ein perfektes Revier für Enduroreisende, die das authentische Abenteuer suchen. Mit der jüngst erschlossenen WYBDR steht ein sorgfältig gescouteter Track durch die schönsten Regionen zur Verfügung.

Wyoming Wildlands

Als wir die Grenze von Colorado kommend überqueren und unsere ersten zwei Stunden in Wyoming fahren, wird eines klar – hier gibt es mehr Antilopen und Hirsche als Menschen. Und in der Tat leben in diesem weitläufigen Bundesstaat am Übergang von den Great Plains in die Rocky Mountains mehr Antilopen als im gesamten Rest des Kontinents. Ihre Zahl wird auf 400.000 geschätzt. Nimmt man noch die rund 416.000 Hirsche hinzu, sind die Vierbeiner gegenüber 581.000 Menschen deutlich in der Überzahl.

Die zahlreichen Herden sind wunderschön anzusehen und tragen zu dem Gefühl der Wildheit bei, das sich einstellt, während wir fernab der Zivilisation unterwegs sind. Sie bergen aber auch eine gewisse Gefahr für Motorradfahrer, da sie plötzlich auftauchen können und dann eine extreme Kollisionsgefahr darstellen. Wir erleben einige Beinahe-Zusammenstöße, da Antilopen dazu neigen, leicht zu erschrecken und plötzlich die Richtung zu ändern. Zu den zahlreichen Wildtieren Wyomings gehören außerdem Bisons, Berglöwen, Wölfe, Weißkopfseeadler, Grizzlybären, Schwarzbären, Elche und Wildpferde.

Paul Guillien, CEO von Touratech USA, absolviert seine 11. BDR-Filmtour.

Fieser »Walrotz«

Die Pisten gehören zu den schönsten aller Backcountry Discovery Routes, allerdings müssen sie trocken sein. Viele der Strecken werden bei Nässe schlammig und sind dann selbst mit einem Adventure Bike nicht befahrbar. Ein Einheimischer sagte zu uns: »Diese Straßen verwandeln sich in Walrotz, wenn es regnet«. Ich habe keine persönlichen Erfahrungen mit Meeressäugersekreten, bin aber dennoch froh, dass es auf unserer Reise nicht regnet.


Eine der zahlreichen Schotterstraßen im Gebirge über 3000 Meter.

Two-Tracks mit Spaß-Faktor

Die BDR-Routenplaner haben sich bemüht, möglichst viele der in Wyoming so häufigen Feldwege in den Track einzubauen. Wie sich diese Wege – wegen der beiden Spuren, heißen sie hier Two-Tracks – durch Wälder und offene Landschaften schlängeln, besitzen sie einen besonderen Spaßfaktor. In den perfekt arrangierten Kurven und auf den Achterbahn-Wellen stellt sich ein ganz besonderer Flow ein. Zwar gibt es auf vielen BDRs solch spaßige Abschnitte, das Besondere an Wyoming ist, dass sich diese Strecken oft stundenlang hinziehen.

Sie kosten zwar viel Kraft und erfordern höchste Konzentration, doch wir genießen den Nervenkitzel so sehr, dass wir gar nicht anhalten wollen. Besonders positiv ist mir der Beaver Rim in Erinnerung, auf dem sich flowige Feldwege mit weiten Ausblicken verbinden – und das über Stunden.

Im weiteren Verlauf begegnen uns Two-Track-Strecken in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Sie führen uns über endlose Wurzelpassagen, durch Geröllfelder und Wasserläufe, bis uns ein Dauergrinsen ins Gesicht geschrieben steht.


Scharfe, eingebettete Felsen stellen eine ernsthafte Gefahr für die Reifen dar. Ein höherer Reifendruck ist empfehlenswert.


Jocelin Snow und Paul Guillien genießen eine der vielen Wasserdurchfahrten auf der Wyoming BDR.


Das Team erkundet den Sinks Canyon State Park. Ein im Untergrund »versinkender« Fluss hat dem Park den Namen gegeben.


Einfahrt in die Shirley Mountain Range im Carbon County. 

Ausblicke in dünner Luft

Die WYBDR durchquert eine Reihe von Bergketten, darunter Sierra Madre, Snowy, Shirley, Wind River und Big Horn Montains. Wir fahren zu Aussichtspunkten in einer Höhe von bis zu 3352 Metern und übernachten sogar am Medicine Lodge Lake auf 2835 Metern. Viele Fahrer bemerken die Kurzatmigkeit beim Lenken der Motorräder in dieser dünnen Luft. Ich fühle mich nach nur einem Bier im Camp auf über 2743 Metern gleich beschwipst. Die hochalpinen Trails sind unglaublich schön, und die Aussicht oberhalb der Baumgrenze ist spektakulär.

Gefahr durch Waldbrände

Im Westen der USA kommt es immer häufiger und intensiver zu Waldbränden. Es wird immer schwieriger, Zeitpunkte zu finden, an denen man eine BDR fahren kann, ohne dass es unterwegs Rauch gibt oder die Strecke gesperrt ist. Das war bei unserer Reise in Wyoming der Fall. Es war zwar nicht schlimm, aber die meiste Zeit lag Rauch von Waldbränden im südlichen Nachbarstaat Colorado in der Luft. Außerdem mussten wir den letzten 40 Kilometer langen Abschnitt der Strecke wegen eines aktiven Feuers direkt auf der Route auslassen.


Der Schlamm ist unglaublich rutschig auf manchen Strecken.


In den offenen Weidegebieten Wyomings sind häufig Wildpferde anzutreffen.


Entspannung in der Paintrock Lodge am Medicine Lodge Lake in den Bighorn Mountains

Ein Elch am Morgen

Als ich mich zum Frühstück im Moose Crossing Restaurant des Bear Lodge Resorts in der Bighorn Range setze, höre ich jemanden mit lauter Stimme sagen: »Na, da hast du deine Wildtiere!« Ich schaue von meiner Speisekarte auf und sehe einen Elch direkt am Fenster vorbeilaufen. Ich springe auf und laufe nach draußen, um nachzusehen. Ein erwachsener Elch und sein Baby fressen im Teich neben der Lodge. Ich gehe hinunter zum Teich und mache ein paar Fotos, bevor ich mich auf den Balkon zurückziehe, als sie sich in meine Richtung bewegen. Es sind so riesige und majestätische Tiere, dass es ein besonderes Erlebnis ist, sie aus der Nähe zu sehen. Mit einer aktuellen Elchpopulation von nur 3500 Tieren sind sie viel seltener zu sehen als Antilopen oder Hirsche.


Eine Begegnung mit einem Elch ist ein besonderes Erlebnis.

Nur ein schmales Zeitfenster

In vielerlei Hinsicht sollte die WYBDR ganz oben auf der Liste derjenigen stehen, die eine echte Abenteuerreise suchen. Der Reichtum an Wildtieren, die tollen Straßen, die Abgeschiedenheit und die Wildwest-Atmosphäre des Staates sind einzigartig. Allerdings ist die Saison aufgrund der großen Höhe und der gewaltigen Schneemenge sehr kurz. Fahrer sollten damit rechnen, dass die hohen Pässe auf dieser Route bis Mitte Juli unpassierbar sind. Dieselben Pässe können Mitte bis Ende September mit Schnee bedeckt sein und es ist definitiv schwierig, Wetterfenster zu finden, die eine sichere Passage im Oktober erlauben.

Wie geht es mit BDR weiter?

Die BDR-Organisation entwickelt derzeit Routen in Oregon, Nordkalifornien und im Südosten der USA. Die jüngsten Waldbrände haben den Fortschritt bei der Entwicklung einiger Routen verzögert, so dass die Organisation nicht sicher ist, welcher Staat im Jahr 2023 freigegeben wird, aber sie plant, bis dahin eine Route für die Community bereitzustellen.

Obere Reihe: Jocelin Snow, Wendy Naessens; mittlere Reihe: Inna Thorn, Paul Guillien; untere Reihe: Tim James, Sterling Noren, Justin Smith, Bryce Stevens (jeweils v.l.n.r.)

Über Backcountry Discovery Routes (BDR)

BDR ist eine 501c(3) Non-Profit-Organisation, die Off-Highway-Routen für Dual-Sport-Maschinen und Reiseenduros entwickelt. In den letzten 12 Jahren hat sie 11 Routen mit insgesamt 11.000 abenteuerlichen Meilen geschaffen. Die Organisation setzt sich für die Entwicklung und Erhaltung von abenteuerlichen Fahrmöglichkeiten für die Gemeinschaft ein und motiviert die Menschen, das Hinterland mit dem Motorrad zu entdecken. Sie vertritt auch die Interessen von Motorrad­abenteurern, fördert die Sicherheit und vermittelt Wissen über erfolgreiches Reisen im Hinterland. Die Routen tragen auch zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in benachteiligten ländlichen Gebieten bei. Das Projekt BDR wird durch die finanzielle Unterstützung und Führung von Touratech USA seit 2010 ermöglicht.

Website: RideBDR.de
Mehrsprachiges europäisches Portal: RideBDR.com/visit-usa

Über Wyoming

Der westliche Teil des Staates liegt größtenteils in den Rocky Mountains, während der östliche Teil aus hochgelegenen Prärielandschaften besteht, die als High Plains bezeichnet werden. Der Bundesstaat ist tendenziell trockener und windiger als der Rest des Landes und verzeichnet größere Temperaturextreme mit einem Rekordhöchstwert von 46° C und einem Tiefstwert von -54° C.

Fast die Hälfte des Landes ist im Besitz der Bundesregierung, vor allem die Nationalparks Yellowstone und Grand Teton.

Mit nur 581.075 Einwohnern ist Wyoming der bevölkerungsärmste der 50 Bundesstaaten. Mit einer Fläche von 253.334 Quadratkilometern liegt Wyoming flächenmäßig an zehnter Stelle. Mit einer Bevölkerungsdichte von 15,3 Einwohnern pro Quadratkilometern ist Wyoming nach Alaska der am zweitdünnsten besiedelte Staat.

Die Wirtschaft Wyomings ist durch den Tourismus in den Nationalparks und Skigebieten sowie durch die Förderung von Kohle, Erdgas und Erdöl geprägt. Wyoming ist auch ein Agrarstaat, in dem Gerste, Heu, Zuckerrüben, Weizen und Wolle produziert werden. Auch die Viehwirtschaft spielt eine wichtige Rolle.

Wyoming schrieb Geschichte, als es als erster Staat das Frauenwahlrecht einführte und 1869 die erste weibliche Gouverneurin in den USA überhaupt wählte, was seiner Zeit weit voraus war.



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