Ein Bild und seine Geschichte: Nummer Sicher?

Ein Bild und seine Geschichte: Nummer Sicher?

Es ist an der Zeit, Nigeria zu verlassen. Doch wie? Die Grenze nach Kamerun gilt als unsicher, denn der Norden des Nachbarlandes ist geprägt durch einen schwelenden Bürgerkrieg und berüchtigt für bewaffnete Raubüberfälle und Entführungen. Daher wollen wir die nördlichen Regionen unbedingt meiden und entscheiden uns für eine Alternative, vermeintlich sicherere Option. Von Oron in Nigeria wollen wir mit dem Boot direkt nach Limbé in Kamerun übersetzen und so die Konfliktgebiete umgehen.

Auf Umwegen erhalten wir die Nummer eines Vermittlers. Dieser versichert uns, dass er eine sichere Überfahrt für uns arrangieren und sich von Anfang bis Ende um alles kümmern wird.

Im Hafen von Oron herrscht reges Treiben, und alles ist chaotisch. Durch einen geschäftigen Markt bahnen wir uns den Weg zum Zollamt, wo wir unsere Pässe und das Carnet de Passages abstempeln lassen.

Der Hafen ist voll mit kleinen Booten, die be- und entladen werden. Um die Mittagszeit wird klar, dass auf uns kein Boot wartet. Unser Fixer John läuft im Hafen auf und ab und versucht, ein Boot zu finden, das zwei Passagiere und unsere Tiger 900 Rally Pro aufnehmen kann. Er kommt mit einer Gruppe Einheimischer zurück, die bereit sind, unser Motorrad in ein winziges Boot zu hieven. Ein paar alte Autoreifen sind alles, was uns zur Verfügung steht, um das Motorrad halbwegs sicher abzulegen.

Es vergehen noch ein paar Stunden, während das Boot mit den unterschiedlichsten Waren beladen wird, bevor sich der Skipper endlich zum Ablegen bereit macht. Doch dann taucht eine Gruppe von etwa einem Dutzend Einheimischer auf, die auch noch auf das Boot wollen. Fiona und ich sind entsetzt, denn das Boot fühlt sich bereits mehr als überladen an. Die Hälfte der Leute wird schließlich auf ein anderes Boot umgeleitet, während sich eine vierköpfige Familie, darunter ein zwei Wochen altes Baby, auf die winzige Holzbank hinter uns quetscht.

Die Fahrt nach Kamerun ist ziemlich rau, und mit jeder Stunde wird die Sicht schlechter, bis eine dicke Nebelwand den Blick vollends blockiert. Als unser Skipper einheimische Fischer bittet, ihm den Weg nach Kamerun zu zeigen, wird uns klar: Er hat jede Orientierung verloren!

Es beginnt bereits zu dämmern, als wir schließlich einen Hafen in Kamerun erreichen. Wir sind nicht einmal in der Nähe unseres eigentlichen Ziels. Stattdessen landen wir in einem kleinen Ort etwa eine Stunde nördlich von Limbé. So genervt und erschöpft wir zu diesem Zeitpunkt auch sind, so dankbar sind wir, Kamerun erreicht zu haben und nicht mitten in der Nacht auf dem Meer zu treiben.



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