Pfadfinder - Gescoutete GPS-Tracks
Für nicht wenige Motorradreisende ist das Planen einer Tour fast genauso schön, wie das spätere Abfahren der Strecke. Doch gerade Strecken mit hohem Offroadanteil lassen sich nicht so einfach vom heimischen Schreibtisch aus zusammenklicken. Zum einen fehlt meist ausreichend detailliertes digitales Kartenmaterial, zum anderen ist oft nicht ersichtlich, ob die in Karten oder Satellitenbildern enthaltenen Wege tatsächlich befahrbar sind. Nur durch intensives Scouting vor Ort lässt sich eine längere zusammenhängende Tour abseits befestigter Straßen planen. Doch hierfür fehlen den meisten Adventure Ridern schlicht die Zeit und die Ortskenntnis.
Mittlerweile gibt es einige Projekte, die es übernommen haben, für die Community Offroadtouren zu scouten und die entsprechenden Daten zu teilen – und das auch noch kostenlos. Während in den Vereinigten Staaten immer mehr Backcountry Discovery Routes ausgekundschaftet werden, hat es sich der Verein Adventure Country Tracks e.V. zur Aufgabe gemacht, die letzten Offroadstrecken in Europa aufzuspüren und sorgfältig zu dokumentieren. Mittlerweile gibt es fünf Adventure Country Tracks, die quer durch Portugal, Griechenland, Rumänien, Italien sowie die Pyrenäen führen. Alle Interessierten können sich umfangreiche Reiseinformationen sowie den GPS-Track von der Internetseite des Vereins laden.
Doch wie geht man nun um mit den Daten? Was ist der Unterschied zwischen Track- und Routennavigation? Und welches Gerät ist überhaupt für die Navigation mit Tracks geeignet? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Das richtige Gerät
Beginnen wir mit der Auswahl des geeigneten Gerätes. Darstellen lassen sich Tracks auf allen aktuellen Motorradnavis. Doch die Track-Navigation beherrschen neben Outdoorgeräten wie Garmin Montana oder der GPSMAP-Serie des amerikanischen Herstellers nur der Zumo XT (seit dem Softwareupdate) sowie der neue Tread. Beliebte Motorradgeräte wie Garmin Zumo 390 oder TomTom Rider eignen sich nicht für die Track-Navigation.
GPS-Daten aufbereiten
GPS-Daten, die von Tourenportalen oder Angeboten wie Adventure Country Tracks (ACT) bereitgestellt werden, liegen in der Regel als sogenannte .gpx-Dateien vor. Sie können entweder direkt auf das Navigationsgerät geladen werden, das geht auch vom Smartphone oder Tablet, oder man bereitet sie zunächst auf dem Rechner auf.
Ein Planungsprogramm (z.B. Garmin Basecamp) erlaubt die Validierung der Daten und ermöglicht es, Zwischenziele entsprechend der eigenen Interessen zu ergänzen. Oftmals finden sich in der .gpx-Datei bei gescouteten Strecken neben den Tracks auch schon wertvolle Wegpunkte entlang der Strecke, wie Sehenswürdigkeiten, Unterkünfte oder Tankstellen.
Grundsätzlich erfolgt der Upload einer .gpx-Datei in das GPS-Gerät problemlos. Bei sehr langen Tracks mit vielen Trackpunkten kann es jedoch Sinn machen, den Track in mehrere Abschnitte zu splitten. Insbesondere dann, wenn man erwägt, den Track in eine Route umzuwandeln. Hier kann es sonst zu Problemen bei der Berechnung auf dem Gerät kommen.
ACT Italien in Basecamp dargestellt. Farblich in der Karte die einzelnen Sektionen, links in der Liste die Tracks und Wegpunkte aus dem Download.
Track- vs. Routennavigation
Nachdem das Motorrad gepackt und die Daten auf dem Navigationsgerät sind, kann es endlich losgehen. Die heruntergeladenen Strecken werden auf dem Navi als Tracks importiert und dargestellt. Mit der Navigation als Track hat man die Gewährleistung, die vorgegebene Strecke auch 1:1 im Original nachzufahren. Insbesondere bei Offroadpassagen bietet sich somit die Tracknavigation an, die sich jedoch in einigen Punkten maßgeblich von dem unterscheidet, was man aus der Alltagsnavigation, der Routennavigation gewohnt ist.
Unterschied zwischen Track und Route in Basecamp. Der Track (türkis) hat keine Wege als Grundlage und kann trotzdem angezeigt und navigiert werden. Bei der Umwandlung in eine Route (magenta) kann das Teilstück (kein Weg in der Karte) nicht berechnet werden, und es erfolgt eine Veränderung der Strecke über das in der Karte hinterlegte Wegenetz.
Routennavigation
Bei der Routennavigation wird die Strecke anhand des Kartenmaterials auf dem Navi berechnet. Die Berechnung erfolgt anhand der Parameter in den Navigationseinstellungen (schnellste/kürzeste/kurvenreiche Strecke, Vermeidungen) und den Informationen, die in der installierten Karte hinterlegt sind. Routen sind dynamisch und können sich je nach Einstellung verändern. Stichwort: Neuberechnung.
Vorteil
Die Route passt sich an, und wird bei Bedarf einfach neu berechnet, wenn von der ursprünglichen Strecke abgewichen wird. Für die Streckenführung werden Abbiegehinweise generiert, was die Orientierung und den Navigationskomfort deutlich erhöht.
Nachteil:
Die Routenberechnung kann ausschließlich auf kartierten Wegen erfolgen. Ist ein fahrbarer Weg nicht auf der Karte vorhanden, wird ein Umweg berechnet und der Streckenverlauf ändert sich.
Einstellungsmenu für Tracks beim ZumoXT. Tracks können auch permanent auf der Karte angezeigt, und in Farbe und Breite hervorgehoben werden.
Route und Track parallel auf der Karte angezeigt. Die Route (magenta) biegt nach links ab, der Track (rot) ist zusätzlich sichtbar. So lässt sich erkennen, wo die berechnete Route vom ursprünglichen Track abweicht.
Tracknavigation
Einen Track muss man sich vorstellen, wie eine Brotkrümelspur bei Hänsel und Gretel. Der Track besteht aus einer Aneinanderreihung von Koordinaten und ist somit nicht veränderbar. Ein Track ist völlig entkoppelt vom Kartenmaterial und funktioniert somit auch unabhängig von der Kartenabdeckung auf dem Gerät.
Vorteil: Bei der Tracknavigation spielen Kartenabdeckung und Berechnungsparameter keine Rolle. Ein Track ist immer absolut, somit ist die Gewährleistung gegeben, dass in der Navigation eine definierte Strecke auch 1:1 abgefahren wird.
Nachteil: Bei der Tracknavigation werden keine Abbiegehinweise generiert. Die Navigation erfordert deutlich mehr Konzentration und muss anhand der Trackdarstellung auf dem Gerät visuell erfolgen.
Welche Navigation präferiert zum Einsatz kommt, hängt vom jeweiligen Fokus ab. Grundsätzlich bietet sich die Routennavigation für Straßentouren und zum spontanen Navigieren an. Auf vordefinierten Offroad-Strecken oder Strecken mit hohem Offroad-Anteil ist die Tracknavigation meist vorzuziehen.
Abdeckung und Qualität der verwendeten Karte haben dabei einen wesentlichen Einfluss auf das Navigationserlebnis. Je detaillierter die Karte, desto einfacher ist es bei nicht fahrbaren Passagen Alternativen zu suchen oder zu rechnen.
Tipp: Für eine bessere Orientierung können Tracks auf dem Gerät auch permanent angezeigt und farblich hervorgehoben werden. So hat man stets den Überblick, wo die ursprüngliche Strecke verläuft, selbst wenn man einmal von dieser abweicht, oder ein Track in eine Route umgewandelt wurde.
GPS-Geräte haben die Möglichkeit, eigene Tracks aufzuzeichnen. Besonders komfortabel geht das mit dem Trackrecorder des ZumoXT. Teilt man diese Daten mit der Community, erhalten andere Motorradreisende wertvolle Anregungen für eigene Abenteuer.
Lutz von Steynitz
Lutz von Steynitz (44) ist Diplom Sportwissenschaftler. Er arbeitet als Produkttrainer in der Sportindustrie. Die GPS-Navigation ist für ihn seit über 20 Jahren unentbehrliches Handwerkszeug in verschiedenen Einsatzbereichen wie Outdoor, Sport und Motorrad. Lutz hat eine Leidenschaft für Offroadreisen, die ihn bereits durch Europa und nach Afrika führten.
GPS-Touren in Europa und den USA
Adventure Country Tracks (ACT)
www.adventurecountrytracks.com
Backcountry Discovery Routes (BDR)
www.ridebdr.com
Die GPS-Geräte Zumo XT und Tread von Garmin beherrschen auch die Tracknavigation.