Neuland - Balkanreise von Martin Leonhardt

Neuland - Balkanreise von Martin Leonhardt

Gänzlich unbelastet von Reiseführerwissen erkundet Martin Leonhardt mit einer von Touratech ausgestatteten Triumph Tiger anspruchsvolle Strecken durch die faszinierenden Landschaften Albaniens, Nordmazedoniens und des Kosovo.


Der Fernwanderweg »Peaks of the Balkans« führt auch durch das spektakuläre Prokletije Gebirge in Nordalbanien. Handfeste Pistenabenteuer findet man im Kosovo auf der Panoramastraße R115.

Auch im Jahr 2021 dreht sich unser Planet noch nicht wieder im normalen Rhythmus. Die Zahl der Länder, die sich von abenteuerhungrigen Globetrottern bereisen lassen, ist stark eingeschränkt. Aber zum Glück gibt es Alternativen. Wenn nicht jetzt wann dann, sollte man eher untypische Reiseländer im Südosten Europas unter die Stollen nehmen? Zwei Monate lang habe ich schon Italien bereist, zwei weitere stehen mir noch zur Verfügung, meine Umrundung der Adria zu vollenden.


Das Valamara Gebirge im Südosten Albaniens bietet endlose Schotterpisten. Manche Wege erklimmen Höhen von über 2000 Metern.


Bei Ausflügen im Mavrovo Nationalpark in Nordmazedonien sollte man auf den offiziellen Wegen bleiben. Das Gebiet gibt gefährdeten Arten wie dem Balkanluchs eine Heimat.

Vor mir liegt Neuland. Sprachen, Geografie und Gebräuche der Länder des Westbalkans sind mir absolut unbekannt, weshalb mich auf der Fährpassage von Bari nach Durrës in Albanien ein gewisses Gefühl von Unsicherheit begleitet.

Gleich nach der Ankunft komme ich zu der Erkenntnis, dass es vielleicht keine schlechte Idee gewesen wäre, auch einmal einen Reiseführer in die Hand zu nehmen. Doch so gerät gleich das erste Frühstück im Land zu einem Crashkurs in albanischer Sprache, gemixt mit etwas Italienisch und Englisch. Meine Geldbörse ist zwar voller Euroscheine aber 300 Lekë für eine Tasse Kaffee mit Croissant haben dort noch keinen Weg hineingefunden. Mir gefällt das Lachen der Bedienung, die sich an meinem Missgeschick irgendwie erfreuen kann. Ich scherze etwas mit ihr und begleiche am Ende meine Schuld mit einer glänzenden Euromünze.

Ich folge weiter der Küstenstraße in den Süden bis nach Ksamil. Doch schon bald zieht es mich vom Meer weg in Richtung des Nationalparks Hotova-Dangell, wo ich auf erste Tuchfühlung mit kurvigen Schotterstraßen gehe. Die Steine sind grob, und es bedarf durchaus einigen Geschicks, um die Triumph Tiger sicher über die holprigen Wege zu steuern. Auf dieser Strecke gibt es noch zahlreiche alte Hängebrücken, von deren Tragfähigkeit ich mich so manches Mal lieber vorher zu Fuß überzeuge.

Die Nächte verbringe ich meistens im Zelt, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass ich bereits mitten in der Natur bin und genügend Zeit für morgendliche Wanderungen in den Bergen habe, deren Weite mich sofort einnimmt.

Die SH71 führt nördlich am mächtigen Moglicë Staudamm vorbei. Ich staune nicht schlecht, als ich dort über eine geradezu perfekte Asphaltstraße den Serpentinen folge. Später eröffnet sich der Blick auf ein kilometerweites Tal, welches mich an Canyonlandschaften in den USA erinnert. Solche enormen Dimensionen hätte ich hier nicht erwartet, weswegen ich jenen Abschnitt der Reise schon einmal als absoluten Geheimtipp abspeichere. Über Tage treffe ich keine anderen Motorradfahrer. Einsam folge ich meinem Kurs über Elbasan nach Norden bis zum Ohridsee.


Eine spektakuläre Brücke führt über den Vjosë in den Nationalpark Hotova-Dangell (Albanien).


Atemberaubender Sternen­himmel in der Nähe des Titov Vrv (Tito Berg) in Nordmazedonien.

Der Grenzübertritt nach Nordmazedonien gestaltet sich etwas schwierig. Da ich bislang nur ausgesprochen freundliche Menschen getroffen habe, erstaunt mich der mürrische Ton der Zollbeamten.

Da ich aus meinem Fehler gelernt habe, organisiere ich mir schnell ein paar mazedonische Denar und fahre danach durch den Galičica-Nationalpark in Richtung Kruševo. Als Ausgleich zu den vielen Kilometern auf dem Motorrad entscheide ich mich spontan, einen Gleitschirmkurs zu absolvieren. »Die Berge um die Stadt gehören zu den weltweit besten Spots für diesen Sport«, erläutert Steruli, mein Trainer. Aus 2000 Metern Höhe in das weite Tal der Tabakbauern zu blicken, hat etwas Besonderes, und gerne glaube ich auf meinen Flügen Sterulis Worten.

Die Zeit zwischen den Übungseinheiten nutze ich für weitere Entdeckungstouren mit der Tiger. Dabei stelle ich fest, dass Nordmazedonien noch eine Spur bunter ist als sein Nachbarland. Alte Traktoren und Autos aus Sowjetzeiten gehören hier genauso zum Alltag wie Moscheen, Shisha-Bars und Teestuben. Verfallene Fabrikgebäude verleihen den Städten zudem noch jenen Touch Kommunismus, den man so sonst nur aus Ländern wie Kuba kennt.


Piste in der Grenzregion des Kosovo. Hinter den Bergen ­beginnt Nordmazedonien.


Die digitalen Karten enthalten nicht alle fahrbaren Schotterpisten.

Ich besuche das Kloster Treskavec, dessen marode Mauern aus dem 12. Jahrhundert stammen, und fahre zum zweithöchsten Berg des Landes, dem 2747 Meter hohen Titov Vrv. Gleich nach der turbulenten Stadt Tetovo finde ich mich in einer weiten Steppenlandschaft wieder, deren Wege mir wieder einiges an Energie abverlangen. Ich verbringe eine wunderbare Nacht mit Blick auf die Milchstraße, schlafe zufrieden und wandere zum Sonnenaufgang zum verlassen Steinturm auf einem Gipfel. Der Blick von dort reicht weit über das Balkan Gebirge hinweg bis in das Kosovo, wohin es mich auf dieser Reise auch noch zieht.


Die Straßen Albaniens führen oft über hunderte Kilometer durch dichte Wälder.

Vorher besuche ich allerdings noch die Hauptstadt Skopje, welche durchaus mit dem Begriff skurril beschrieben werden kann. Fast wie im alten Rom reiht sich eine monumentale Statue an die andere. Über eine historische Steinbogenbrücke führt der Weg vom islamischen Teil der Stadt in den christlichen. Wie in anderen Regionen des Balkans auch, scheint es überhaupt kein Problem zu sein, wenn Kirchen und Moscheen gemeinsam Teil des Alltagslebens der Menschen sind.



Historisierende Bauten und monumentale Statuen prägen die nordmazedonische Hauptstadt Skopje.

An der Grenze zum Kosovo werde ich freundlichst empfangen und als Willkommensgeschenk für die Tiger gibt es eine kostenlose Versicherung. Zwar habe ich noch immer keinen Reiseführer gelesen, die Fahrt zur nächsten Bank kann ich mir jedoch sparen, da im Kosovo ganz regulär mit Euro bezahlt wird.


Im Kosovo laden zahlreiche Waldwege, wie hier im Sharri Gebirge, zur Erkundung ein.


Manche Ikonen im Kloster Treskavec (Nordmazedonien)stammen aus dem 15. Jahrhundert.

Das Sharri-Gebirge nun noch einmal von der nördlichen Seite zu erblicken, begeistert mich auf das Neue. Spektakulärere Bergformationen lassen sich hier allerdings nur noch im Bjeshkët e Nemuna Nationalpark finden. Die Landschaften dort sind von steilen Canyons geprägt. Etwaige Rundkurse oder gar eine Überquerung nach Albanien oder Montenegro sind sportlichen Mountainbikern oder Wanderern vorbehalten. Motorisierte Offroadjunkies kommen bei den schmalen, verwinkelten Schotterpfaden in die Berge aber allemal auf ihre Kosten.

Fast wehmütig verlasse ich nach nur fünf Tagen das Kosovo und reise zurück nach Albanien in das Valbonatal. Trotz des vergleichsweise starken Tourismus hat die Gegend ihren lieblichen Charme nicht verloren. Wie so oft auf dieser Reise treffe ich auf Kuh- und Schafherden, welche immer von einem Hirten begleitet werden. Freilaufende Schweine, Ziegen, Esel, Hühner und natürlich auch Hunde und Katzen bringen etwas Schwung in das Dorfleben und verleihen dem Ganzen manchmal den Eindruck, als befände man sich in einem großen Zoo.


Shkodra im Nordwesten Albaniens ist eine lebendige Stadt, in der Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen zusammenleben.

Zum Abschluss der Reise wollte ich zumindest noch einmal einen Blick auf das Meer werfen. Deswegen fahre ich über die wohl durchgängigste Kurvenstraße meines Lebens, die SH22 und SH5, der Mündung des Buna Flusses entgegen. Tatsächlich finde ich für mein Zelt einen Platz am Strand. Diese Nacht ist eine willkommen Abwechslung zu der hauptsächlich von Gebirgen geprägten Tour. Und dementsprechend bildet die Fahrt über den Leqet e Hotit Pass den würdigen Abschluss dieser Reise.


Morgenstimmung am Ufer des Prespasees, dem Nachbarn des deutlich bekannteren Ohridsees.


Heute gibt es an dieser Tankstelle in ­Albanien kein Benzin zu kaufen.

Ritt auf dem Tiger

Martin Leonhardt hat seine Reise, die mittlerweile mehr als 10.000 Kilometer, davon viele auf Schotterpisten, umfasst, auf einer von Touratech ausgestatteten Triumph Tiger Rally Pro unternommen. Ein erstes Fazit.

»Ich staunte nicht schlecht, als ich diesen Juni die Triumph Tiger Rally Pro bei Touratech in Niedereschach abgeholt habe. Natürlich war sie im typisch gelbschwarzen TT-Weltreise-Gewand.

Nun, knapp 10.000 Kilometer später, habe ich ganz Italien und einen Großteil des Westbalkans befahren. Genug Zeit für eine ernsthafte Einschätzung, und eines kann ich mit Gewissheit sagen: „Die fährt richtig gut!“

Zu Beginn erscheint das Elektroniksetup geradezu hyperkomplex, im wahren Reisebetrieb erweist es sich aber als ausgesprochen schlüssig. Am meisten wird man mit dem kleinen Joystick zwischen den Fahrmodi und Informationsanzeigen wechseln, was irgendwann ganz automatisch vom „Daumen“ geht. Als offroadhungrigem Reisenden waren mir insbesondere die beiden Enduro-Modi wichtig.

Dank des höhenverstellbaren Sitzes passte die Ergonomie für meine Körpergröße von 1,85 m auf Anhieb perfekt. Im Fahrbetrieb kann man sich bis 120 km/h auch über einen sehr guten Windschutz freuen, was bei Reise­enduros ja nicht immer selbstverständlich ist.

Für den gemischten Einsatz auf dem Balkan haben sich die Einstellmöglichkeiten am Federbein von Touratech Suspension bewährt. Insbesondere die klare Differenzierung von Low- zu Highspeed hat mich sehr begeistert. Mit einem eher harten Setup lieferten die Dämpfer auf wilden Kurvenstrecken ein exzellentes Feedback sowie Sicherheit in jeder Situation. Offroad waren stets die nötigen Reserven gegeben, um tiefste Schlaglöcher oder Felsbrocken zu kompensieren.

Da die Tiger von Haus aus mit umfangreichen Extras daher kommt, musste Touratech nur wenig nachlegen. Dennoch, der Motorschutz, die robusten Sturzbügel, das ZEGA EVO Koffersystem sowie der Halter für mein ZUMO XT haben sich wieder einmal sehr bewährt.

Wer ein Mittelklassemotorrad zwischen einer Yamaha Ténéré 700 und einer BMW R 1250 GS sucht, sollte der Tiger auf jeden Fall eine Chance geben. Die Leistung ist in allen Situation absolut ausreichend, und das Gewicht lässt sich auch alleine noch gut stemmen. 400 Kilometer Reichweite sind möglich. Triumph hat mit der Tiger ein eigenständiges Motorradkonzept geschaffen, welches perfekt die Bedürfnisse von Langstreckenreisenden deckt. Und drei Zylinder machen nebenbei auch richtig Freude.«

Reiseinformationen

Allgemein

Eine Motorradreise auf dem Balkan gestaltet sich absolut unproblematisch. Viele Einheimische sprechen Englisch, und auch mit Deutsch kommt man oft weiter.

Sicherheit

Die Länder des Balkans gelten als sicher, und allgemein wird man sehr freundlich empfangen. Wichtig ist eine gute Auslandskrankenversicherung.

Reisezeit

Die Temperaturen in Sommer und Herbst waren angenehm mit sehr wenig Regen. In höheren Lagen kann es nachts gelegentlich auch Frost geben.

Anreise

Die Einreise mit einem europäischen Pass ist unkompliziert. An den Grenzen wird ein Covid­Impfnachweis verlangt (Stand: 09/2021) sowie eine Versicherung für das Motorrad (Grüne Karte). Im Kosovo gibt es eine Versicherung für das Motorrad für einen Monat kostenlos. Ausgestellt wird diese direkt an der Grenze.

Motorrad

Für einen Reifenwechsel sollte man vorher einen Termin vereinbaren, da großvolumige Motorräder Seltenheitswert haben. Kraftstoff ist deutlich günstiger als in Deutschland. Im Kosovo und in Nordmazedonien kostet der Liter circa 1,20 Euro, in Albanien rund 1,40 Euro.

Verkehr

Geteerte Straßen sind zum Großteil in gutem Zustand. Mit Schlaglöchern und Spurrillen sollte man trotzdem jederzeit rechnen. Auch sollte auf Steinschläge und Tiere neben den Straßen geachtet werden. Bei den Fahrten in die abgelegenen Bergregionen sollte man sich bewusst sein, dass Hilfe im Notfall nur schwer zu bekommen ist. Schotterpisten sind oft mit größeren Steinen übersät und nicht einfach zu fahren.

Unterkunft

Offizielle Campingplätze gibt es in allen touristischen Gegenden. Günstige Hostels kosten zwischen 20 und 40 Euro. Noch preiswerter sind Apartments, die man leicht durch etwas Herumfragen ausfindig machen kann. Wildcamping stellt keine großen Probleme dar.

Versorgung

Bargeld in den Landeswährungen gibt es ganz einfach an den Bankautomaten. Im Kosovo kann mit Euro bezahlt werden. Die Zahlung mit Kreditkarte ist möglich. EC-Karten hingegen funktionieren nicht immer.

Es gibt zahlreiche Restaurants, welche einfache Speisen zu günstigen Preisen anbieten. Insbesondere im Kosovo lässt es sich sehr preiswert und gut essen.

Ausrüstung

Ein dickerer Schlafsack mit Inlett und eine geeignete Matratze sind für Camper im Herbst noch gut ausreichend. Schraubgaskartuschen (Primus, MSR) sind schwierig zu finden und besser mitzubringen.

Standardkartenmaterial gibt es in sehr guter Qualität an jeder Tankstelle. Ein GPS ist ein nützliches Zubehör abseits größerer Straßen. Das Garmin ZUMO XT mit dem Touratech Halter hat sich sehr bewährt. Darauf lassen sich auch topografische Karten für ganz Europa installieren; noch detaillierter sind OSM Karten.

Infos und Tipps

Weitere Infos zu meinen Reisen und Wissenswertes zur Reisefotografie finden sich auf www.martin-leonhardt.de



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